Publikationen & Kritik

„Polnisches Journal. Aufzeichnungen von unterwegs“

Leseprobe

Der erste Prosaband von Tina Stroheker ist das Tagebuch eines Polen-Aufenthaltes: Auf vielfältige Weise befaßt sich die Autorin mit dem deutsch-polnischen Verhältnis, facettenreich spricht sie über Bilder zu Polen in deutschen Köpfen, über die polnische Literatur, über Menschen und Orte und ihr Erlernen der polnischen Sprache, in Worten ihrer Übersetzerin Anna Wziątek ‚etwas, das ja nicht gerade viele Leute freiwillig machen’. Die Sprache des Buches bewegt sich zwischen literarischer und journalistischer Prosa. So haben Polen-Kenner und Neugierige, die noch nie im Land waren, gleichermaßen Gewinn davon.

 

Das Buch fand in Deutschland und in Polen ein großes Echo. Rasch folgte die polnische Übersetzung aus der Feder von Anna Wziątek, ‚Niemka jedzie do Polski‘(wörtlich: ‚Eine Deutsche fährt nach Polen‘).

 

 

 

 „Tina Stroheker ist Dichterin, also wundert mich ihr Aufbegehren gegen Vorurteile nicht. Ich denke, daß sie nach Polen fuhr, um sich ihr eigenes Bild von einem Land zu machen, das frei von alten und neuen Klischees sein sollte. Sie trat die Reise nicht wehrlos an. Es ist von großer Bedeutung – besonders für mich – , daß die ersten Begegnungen Tina Strohekers Begegnungen mit der Poesie […] waren. Ich hatte sehr ähnliche Begegnungen mit Deutschland in einer anderen historischen Epoche. […] Für dieses Buch gebührt der Autorin die Dankbarkeit des Lesers – des deutschen wie des polnischen.“

(Andrzej Szczypiorski im Vorwort zum Buch)

 

 

 „Tina Strohekers ‚Polnisches Journal‘ ist ein äußerst lesenswertes und in gewissem Sinne schönes Buch. Schön durch den Mut, sich auf ein wenig bekanntes, wenig beliebtes Land mit aller Konsequenz, auch die Beherrschung der Sprache, einzulassen, durch die Bereitschaft, gängige Klischees durch eigenes Urteil zu ersetzen […]. Das Gefühl der Vertrautheit [mit polnischen Menschen] verdankt die Autorin allerdings in erster Linie sich selbst. Ihrer Neugier, ihrem Taktgefühl, der Geduld und der Konzentriertheit, mit denen sie sich auf die Menschen, deren Sprache (mehrmonatiger Polnischunterricht) und Gepflogenheiten einläßt, die Akzeptanz, die sie den wenig spektakulären örtlichen Kulturereignissen entgegenbringt, der Bescheidenheit, mit der sie die eigenen Lesungen und Begegnungen absolviert.“

(Marta Kijowska, „Mit Handkuß erlöst“. In: Süddeutsche Zeitung, München, 8. 7. 1998)

 

 

 „Höhepunkt […] des ganzen Bandes ist Strohekers Interpretation eines ihrer Gedichte, das nach ihrem ersten Polen-Aufenthalt (1977) entstanden war und dem neben Gerhart Hauptmann und Horst Bienek ‚oberschlesischsten’ Dichter galt: Joseph von Eichendorff. Mit subtiler Vehemenz wendet sie sich in Gedicht und Selbstinterpretation gegen Eichendorff als Kulturikone und gegen seine nostalgische Vereinnahmung durch die deutsche Minderheit um Strzelce Opolskie. Sich auf Ernst Bloch berufend, versteht Stroheker die Landschaft der Eichendorffschen Poesie als ein Etwas, das sich von Lektüre zu Lektüre und Epoche und Epoche immer neu bilde. Stroheker plädiert für eine Kultur der Zweisprachigkeit und für eine Literatur, die einerseits Erinnerungswerk ist […] und andererseits die Vorurteile unterläuft.“

(Rüdiger Görner, „Fließende Grenzen“. In: Der Tagesspiegel, Berlin, 12. 7. 1998) )

 

 

 „Die Dichterin fragt, schaut offenen Auges zu, diskutiert. […] Hier macht sich keine ‚Polen-Expertin’ wichtig, sondern eine Poetin schreibt, die Verallgemeinerung scheut und die große Politik meidet. Dafür skizziert Tina Stroheker einfühlsam Menschen in ihrem Hier und Jetzt, vermittelt unaufdringlich überzeugend eigene Wahrnehmungen. Ihr Journal ist keine naive Liebeserklärung an Polen. Das Tagebuch dokumentiert ein tiefes, für den Leser gut nachvollziehbares Bedürfnis nach emotionaler Nähe zu einem auf seine Art offensichtlich faszinierenden Nachbarn.“

(Janusz Tycner, „Aus der Froschperspektive“. In: DIE ZEIT, Hamburg, 27. 5. 1999)

 

 

 „Die Ehrlichkeit Tina Strohekers […] macht der Wert dieses Buches als eines subjektiven Berichtes mit Objektivitätsanspruch aus. Es finden sich weder peinliche Glorifizierungen Schlesiens noch jener plakativ-pauschale Versöhnungsgestus, der mit unkritischer Polenverherrlichung alles zu entschuldigen vermag. So introvertiert sie in ihrer lyrischen Sprache auftritt, so deutlich ist Tina Strohekers politische Sprache. […] Ohne sich den Schrecken der deutschen Gewaltherrschaft und den das gegenseitige Verhältnis belastenden Ereignissen auch der Folgejahre zu verschließen, bietet Tina Stroheker in zumindest einer Hinsicht mehr Substanz als sogar Horst Bienek: sie richtet nicht, wie es Bienek ganz überwiegend schätzte, den Blick allein zurück, sondern vergegenwärtigt sich das heutige Oberschlesien. […] Durch Tina Stroheker wird die Lücke nahezu geschlossen, die der Tod Horst Bieneks als literarisch-politischem Vermittler, ja moralischer Instanz zwischen Schlesien und Deutschland 1990 gerissen hatte.“

(Martin Hollender, „Schlesien ist sowieso überall …“. In: DIALOG, Berlin, Nr. 58/ 59 –2001/ 2002)

 

 

„Zur Lektüre von Tina Strohekers Buch lade ich diejenigen ein, die der Ansicht sind, daß es sich lohnt zu wissen, was eine Deutschen über die Polen denkt. Zur Lektüre lade auch diejenigen ein, die glauben, daß sie alle diese deutschen Vorstellungen, Gefühle und Sehnsüchte schon kennen. Wenn sie zu lesen beginnen, wird Tina Stroheker sie wahrscheinlich überraschen.“

(Jacek Bocheński im Vorwort zur polnischen Ausgabe „Niemka jedzie do Polski“, Katowice 2000)

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