Publikationen & Kritik

„Josef Mühlberger in Eislingen“

Leseprobe

Ein Böhme in Württemberg, ein Intellektueller in der Kleinstadt Eislingen, ein Homosexueller unter der Bedrohung durch den Paragraphen 175: Josef Mühlberger, 1903 als Sohn eines deutschen Vaters und einer tschechischen Mutter im böhmischen Trautenau geboren, kam im August 1946 mit anderen Deutschen, die die Tschechoslowakei hatten verlassen müssen, am Bahnhof Göppingen an. In den Kisten Manuskripte, im Kopf die Hoffnung auf einen Neubeginn. Seit 1937 hatte er kein Buch veröffentlichen können. Im Zentrum des SPUREN-Heftes 94 steht die Frage, mit der sich der Literaturwissenschaftler, Schriftsteller, Übersetzer und Journalist in seiner württembergischen Lebenshälfte auseinanderzusetzen hatte: Kann eine Verwurzelung in der neuen Umgebung gelingen? Tina Stroheker stellt einen Autor vor, der von Hermann Hesse, Max Brod u.a. hoch geschätzt wurde. Herausgearbeitet werden die Brüche in seinem Leben, die Spannung zwischen Gelingen und Scheitern des Bemühens um Verwurzelung, zwischen Aufbruch und Rückzug und nicht zuletzt die unterschiedlichen Interpretationsbemühungen Mühlbergers für seine Erfahrungen zwischen Heimat und Fremde.

 

 

 „Die Herausgeberin des Sammelbands Mein Kapitel Mühlberger (1999) ist zweifellos die kompetenteste Autorin, die man für ein ‚Spuren’-Heft über Josef Mühlberger finden konnte.[…] Tina Stroheker macht ganz deutlich: Josef Mühlberger war kein Trautenauer und kein Eislinger Heimatdichter, sondern ein bedeutender Literat, der sein ganzes erwachsenes Leben als Europäer und Kosmopolit wirkte. Es gelingt ihr auf nur 16 Seiten, den Freunden und den Verehrern des Dichters Neues zu bieten. Vor allem aber gelingt es, die mit dem Werk Josef Mühlbergers weniger oder gar nicht Vertrauten neugierig zu machen auf einen gewiß nicht vergessenen, aber doch immer weniger gelesenen Schriftsteller, der sein Böhmen auch im Württembergischen in sich trug.“

(Klaus Hübner, in: STIFTER-JAHRBUCH, München, Neue Folge, 27/ 2013)

 

 „Die Dichterin Tina Stroheker, die sich seit Jahren um die Vermittlung von Mühlbergers Schaffen bemüht, zeichnet auf wenigen Seiten die literarische Tätigkeit des Einzelgängers während seiner Eislinger Jahre nach. Max Brod urteilte vorsichtig über Mühlberger: ‚Nicht ganz leicht zugänglich.’“

(als., „Doppelt ausserbürgerlich“. In: Neue Züricher Zeitung, 20. 10. 2011)

 

„An Tina Strohekers Publikation ist vieles zu loben: Zuvorderst besticht die stilvolle Ausführung, die dem Inhalt des Heftes um nichts nachsteht. Vor allem ist jedoch der Grundtenor von Strohekers Darstellung hervorzuheben, da sie sich nämlich abseits jedweder Glorifizierung des Autors bewegt, wie sie in vielen wissenschaftlichen Studien anzutreffen ist, und für ihren Text alle biographischen Tatsachen auswertet, auch solche, die von Seiten engstirniger Wissenschaftler entweder ganz eliminiert oder wenigstens banalisiert wurden.“

(Lukáš Motyčká, in: brücken. Germanistisches Jahrbuch Tschechien-Slowakei, Prag.  Neue Folge. 19/1-2 (2011)

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